Der Anfang vom

Deutschen Michel

Hanau-Steinheim  – Am 24.04.1954 –  öffnete die Steinheimer Traditionsgaststätte ,,Zum Deutschen Michel“, erstmals ihre Pforten für seine Gäste. Der 45 Quadratmeter große Gastraum landläufig auch als ,,Tremmel“ bekannt, ist mit altem landwirtschaftlichen Gerät dekoriert. Heuwender, Dreschflegel, Holzwagenrad, Sattel, Kuhglocke, Trummsäge schmücken die Wände des über Steinheims Grenzen hinaus bekannten Traditionsgasthaus. Ein alter gusseiserner Ofen aus dem Jahr 1856 und schmuckes Kupfergeschirr über der Theke sorgt für das Gefühl, sich in einer ganz besonderen, urgemütlichen, ja quasi in der sprichwörtlichen familiären Wohnzimmeratmosphäre zu befinden. Das Traditions-Gasthaus mit lebendiger Verbindung zum Äppelwoi lebt vor allem durch die liebenswürdige Art der beiden Wirtsleut’ Helga und Henry Hartl. Beide haben stets ein offenes Ohr für die Probleme und Bedürfnisse ihrer Gäste. Weit über Steinheims Grenzen hinaus zieht es mittlerweile die Stammkundschaft aus den umliegenden Ortschaften und der Region zum ,,Tremmel“, wo Tradition noch groß geschrieben wird. Sogar aus Seligenstadt, Frankfurt und auch viele in Steinheim übernachtende Messegäste aus dem ganzen Bundesgebiet und sogar dem Ausland zieht es - als Genießer hessischer und ungarischer Spezialitäten - in die ,,Gut Stubb“, um sich dort von Helga Hartl mit deftiger Hausmannskost wie Wurstplatten und Kurzgebratenem zum fairen Preis verwöhnen zu lassen. ,,Wer einmal hier war, kommt immer wieder“, beschreiben Stammgäste aus der benachbarten Goldschmiedestadt das besondere Flair der wohl letzten typischen Steinheimer Äppelwoiwirtschaft. ,,Bei Helga und Henry herrscht eine vertraute familiäre Gemütlichkeit. Dort muss man sich einfach wohlfühlen“, charakterisiert eine Steinheimerin, die es aus Norddeutschland an die Steinheimer Mainschleife verschlagen hat, die Traditionsgaststätte. ,,Im Deutschen Michel kommt man einfach mit jedem Gast ins Gespräch.“ Helgas bessere Hälfte Henry ist für den zu stillenden Durst der Tremmel-Gäste zuständig. Dabei legt er besonderen Wert darauf, dass die Getränkepreise für den Schoppen Bier und Äppelwoi moderat bleiben. Sein Motto: ,,Wenn der normale  Arbeiter sich keinen Schoppen mehr leisten kann, dann ist etwas faul in diesem Staat.“ Und: ,,Wir wollen keinen Gast nötigen, dass er bei uns etwas essen muss“. Denn erst auf Anforderung des Gastes bringen die beiden rührigen Wirtsleut’ die Speisekarte an den Tisch.

Zahlreiche Stammtischrunden Steinheimer und auch Klein-Auheimer Vereine, muntere Würfelrunden und Kartenspieler treffen sich regelmäßig an einem der vier Tische, die insgesamt Platz für 35 Gäste in ,,Henry und Helgas Wohnzimmer“ bieten. An Fastnacht sind es aber dann auch durchaus ein paar mehr Gäste. Dann wird auch auf den Stehplätzen an der Theke ordentlich Stimmung gemacht. Und zur närrischen Hohezeit kann es auch passieren, dass Wirtin Helga mit ihren Gästen auf den Stühlen tanzt. ,,Wir sind immer für unsere Gäste da und haben für sie ein offenes Ohr“, bekräftigen Helga und Henry Hartl. ,,Wenn jemand einmal zuviel über den Dorscht getrunken hat, fahren wir ihn auch nach Hause.“

Anekdoten haben Helga und Henry Hartl, die nach dem Tod von Helgas Eltern Konrad und Minna Tremmel das familiäre Traditionsgasthaus in Alleinregie betreiben, in den letzten fünf Jahrzehnten reichlich erlebt. In den 50er und 60er Jahren etwa, als ein Steinheimer Ortsgendarm um 1 Uhr nachts die Sperrstunde überwachte und eine Strafe von 2 Mark abkassierte. Anschließend feierte der Ordnungshüter mit den Gästen in der Privatküche weiter. ,,Und so lange bis dann am nächsten Tag waren alle vorgekochten Vorräte aufgegessen waren“, erinnert sich Helga Hartl, die 2002/03 gemeinsam mit ihrem Mann Henry das 50.Steinheimer Bundesäppelwoipaar der 1.SKG war und damals auf  70 Veranstaltungen repräsentierten.

,,Einmal wurde ein Gast aus der Nachbarschaft nach dem Genuss von zu reichlich Alkohol sogar auf den Schubkarren aufgeladen und heimgefahren“, erinnerte sich Henry Hartl. Das seit 1968 verheiratete Wirtspaar, die Tochter Melanie und Sohn Henry junior das Leben schenkten, lernten sich übrigens auch im ,,Tremmel“ kennen. Der aus dem unterfränkischen Eltmann stammende Henry Hartl war Ende der 60er Jahre auf  Montage in Steinheim, sah seine Helga hinter der Theke und verlor damit sein Herz in Steinheim. ,,Ich habe Helga gesehen und bin nicht mehr fort. Dafür hab’ ich frisches Blut nach Steinheim gebracht“, wirft der humorige Unterfranke ein, der Eltmanns Weinberge der Liebe wegen gegen hessischen Äppelwoi eingetauscht hat.

Helga Hartl, Tochter der Wirtshausbegründer Konrad und Minna Tremmel, ist offensichtlich im Sternzeichen des Stöffche geboren. Bereits als fünfjährige schenkte sie auf einem Schemel stehend Äppelwoi hinter der Theke aus. ,,Und mit 14 Jahren habe ich meine Hausaufgaben in der Gaststube gemacht“, erinnert sie sich noch heute. Als es dem vor 50 Jahren begründeten ,,Deutsche Michel“ erstmals urkundlich gestattet war, ,,Bier in Flaschen, Wein und Spirituosen auszuschenken sowie seine Gäste mit warmen und kalten Speisen zu verköstigen“, gehörte auch eine Metzgerei-Filiale zum Familienbetrieb Tremmel. Dort wo sich heute Wirtsküche und ein wohnliches Stübchen befinden, wurden 14 Jahre lang ,,sämtliche Sorten Wurst und Fleisch“ verkauft. ,,1968 haben wir die Metzgerei geschlossen. Die Konkurrenz durch die Supermärkte war einfach zu groß“, erinnert sich Helga Hartl. Dass die beliebten Wirtsleut’ auch noch äußerst großzügig sind und soziales Engagement zeigen, bewiesen sie einmal mehr als sie die Einsatzkräfte der Steinheimer Feuerwehr bei nächtlichen Einsätzen - etwa beim Hochwassereinsatz im Januar 2003 - mit Linsensupp’ und heißer Rindworscht verköstigen.

 Das Traditions-Gasthaus ,,Zum Deutschen Michel“ wurde vor mehr als 50 Jahren eröffnet und überzeugt seine Gäste seitdem durch seine urgemütliche Wohnzimmeratmosphäre.

 

Helga und Henry Hartl

 haben für ihre Gäste stets ein offenes Ohr. Wirtin Helga zaubert in der ,,Tremmel-Küche“ deftige hessische und ungarische Spezialitäten.